Weiblicher Segen für den Bischof
„Darf ich Sie segnen?“ Diese Frage von Marianne Brandt an die Bischöfe, die am Donnerstagmittag zur vierten Synodalversammlung des Synodalen Wegs ins Congress Center an der Frankfurter Messe eilen, ist keineswegs provokant gemeint. Vielmehr möchten Brandt, Vorsitzende der Stadtversammlung der Frankfurter Katholik:innen und engagiertes Mitglied der Protestbewegung Maria 2.0, und ihre Mitstreiterinnen das ihre dafür tun, die Synodalen zu stärken.
Nicht alle reagieren aufgeschlossen auf das freundliche Angebot – viele Bischöfe gehen vorbei, sich freundlich entschuldigend, dass sie sich beeilen müssten. Ob das wirklich der einzige Grund ist, den Segen auszuschlagen? Die beiden Präsidenten des Synodalen Weges, Bischof Georg Bätzing und Irme Stetter-Karp, hingegen bleiben interessiert stehen – und lassen sich schließlich auch einen Segen geben, sehr zur Freude von Marianne Brandt. Auch Pfarrer Werner Otto und einige weitere lassen sich segnen. Ein ungewohntes Gefühl für Marianne Brandt. „Uns geht es darum zu zeigen, was wir sind: durch die Taufe vollwertige Mitglieder der Kirche“, erklärt sie die Aktion.
Es braucht einen guten Geist
Segen und ein mit Grün geschmückter Bogen, dessen Durchschreiten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Vollversammlung positive Energie geben soll: Maria 2.0 sei es wichtig, erneut ein positives Zeichen zu setzen. „Wir möchten unterstützen und wertzuschätzen, denn es wurde von den Synodalen ganz viel gearbeitet. Es braucht einen guten Geist – den Heiligen Geist – damit es ihnen weiter gelingt, aufeinander zuzugehen.“
Die vierte Synodalversammlung des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland läuft bis Samstag. Insgesamt nehmen 209 Synodale, 30 Beraterinnen und Berater, 13 Beobachterinnen und Beobachter aus dem Ausland und der Ökumene, Mitglieder des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz sowie über 100 Medienvertreterinnen und -vertreter teil. Dass Maria 2.0 und andere Gruppen vor dem Beginn der Vollversammlung diskutieren, hat mittlerweile bereits Tradition. Auch wenn aus Rom bereits mehrere bremsende Signale in Richtung Synodaler Weg gesandt wurden – Journalistin Andrea Tichy, die sich bei Maria 2.0 engagiert, findet, dass sich auch durch die Proteste seit der ersten Synodalversammlung im Januar 2020 viel getan hat. „Wir sind in den Köpfen derer, die diskutieren“, sagt sie. Und auch andere Protestierende fühlen sich mitunter anders, mutiger, als noch zu Beginn. Die „Marien“ Ursula Doll und Monika Kottemer zum Beispiel sagen, der Kontakt mit den anderen Frauen und die zum Teil sehr positiv bestärkenden Reaktionen vieler Synodaler hätten sie gestärkt, so dass sie sich heute mehr trauen würden als noch 2020.
„Ich hoffe immer noch“
Antonia Papenfuhs ist immer dabei. Die junge Frau, die stets mit einer mit Marienmotiv bestickten Jacke oder Tasche zu den Protesten kommt, ist seit der ersten Vollversammlung vor zweieinhalb Jahren ein beliebtes Fotomotiv für die Presse. Das liegt nicht nur daran, dass sie mit 22 deutlich jünger ist als die anderen Frauen, die hier für „Gleiche Rechte, gleiche Würde“ demonstrieren. Die überzeugte Katholikin studiert evangelische Theologie, um Pfarrerin zu werden – eine spannende Geschichte, die schon in verschiedenen Medien aufgegriffen wurde. Die Studentin gibt zu, dass sie diesmal kurz überlegt hat, ob es eigentlich Sinn macht, sich wieder vor’s Congress Center zu stellen: „Aber ich hoffe immer noch, dass sich in dieser Kirche etwas tut und dass Hürden überwunden werden können.“
Mit zahlreichen Vertreterinnen aus ganz Deutschland angereist ist der Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD). Diözesanreferentin Susanne Winnekens-Udovic aus dem Bistum Limburg sagt: „Ich möchte gerne zuversichtlich bleiben und hoffen, dass bestimmte Entscheidungen, die der Synodale Weg trifft, lokal umsetzbar sind.“ Die Theologin und die anderen KFD-Frauen halten pinke Schilder hoch mit Forderungen wie „Frauenweihe – nichts ist unmöglich!“ und „Licht ins Dunkel bringen!“. Das wollen auch Birgit Kelle, Michael Bischoff und Peter Esser von der Initiative „Neuer Anfang“, die in ihren blauen Kapuzenpullovern deutlich aus der Menge herausstechen. Sie fordern: „Der Synodale Weg sollte sich mit der Aufarbeitung der Missbrauchskrise befassen, denn dafür wurde er ins Leben gerufen. Und nicht mit Fragen wie zum Beispiel, wer wen heiraten darf.“ Konkret fordern sie, das Thema Missbrauch von den anderen Themen abzuspalten und vorwiegend zu behandeln. „Viele, die an der Aufarbeitung beteiligt sind, sind auch Teil des Problems“, kritisiert Brigit Kelle. „Hier sollte nicht über systemische, sondern über persönliche Probleme gesprochen werden. Es müssen Köpfe rollen!“
Wie auch in der Vergangenheit nutzte auch diesmal wieder eine Einzelperson den Auftakt der Vollversammlung, um extreme Position kundzutun. Kein Wunder, ist doch die Presse stets zahlreich vertreten bei den Protesten vor der Tür. „Ich bin die Stimme für die Opfer des Massenmords im Mutterleib“, erklärte der als Messdiener verkleidete Mann, verteilte Visitenkarten mit seiner Webadresse und beschimpfte einzelne Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die mit ihm diskutieren wollten. Das kam durchwachsen an. „Dieses Thema hat hier nichts zu suchen – und die Art auch nicht“, ärgerte sich eine Protestierende. Eine Andere wunderte sich zwar darüber, dass „ausgerechnet ein Mann wieder einmal weiß, was Frauen mit ihrem Körper anstellen sollen – aber ich habe auch Respekt davor, dass er seine unpopuläre Meinung hier vertritt. Das muss man sich auch trauen.“