Kinder sollen sicher leben und sich entfalten können
Das Bistum Limburg wird entschieden an der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Diözese arbeiten. Am Freitag, 5. April, hat Bischof Georg Bätzing einen umfangreichen Projektplan vorgestellt, mit dem die Diözese die in der MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche genannten Empfehlungen bis 2020 bearbeiten will.
„Wir leisten mit diesem Projekt einen Beitrag, damit Kinder und Jugendliche im Bistum Limburg sicher leben und ihren Glauben entfalten können“, sagte Bätzing. Sexualisierte Gewalt an Kindern und Schutzbefohlenen verkehre die christliche Botschaft in ihr Gegenteil und sei daher mit der Heilssendung der Kirche unvereinbar. „Sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche ist Machtmissbraucht“, erklärte der Bischof unmissverständlich. Für eine Aufarbeitung werde nicht nur auf der Ebene des Bistums Limburg, sondern auch auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz intensiv an einer Umsetzung der Empfehlungen der MHG-Studie gearbeitet. Ein externes Monitoring müsse sicherstellen, dass nach den geltenden Verfahrensordnungen gehandelt werde. „Wir wollen das tun, was auf Ebene des Bistums Limburg möglich ist“, kündigte Bätzing an. Einige Entscheidungen könnten aber nicht im Bistum getroffen werden.
Bätzing ging auch darauf ein, dass er sich nach der Veröffentlichung der MHG-Studie im Oktober in der Öffentlichkeit kaum zum Thema Missbrauch geäußert habe. „Das war kein Drücken vor der Verantwortung, sondern eine besondere Sicht von Verantwortung, die ich als Bischof, als Leiter einer Diözese habe. Ich werde nicht einfach sagen, wie es geht.“ Bei dem Projekt zur Aufarbeitung sei ihm wichtig, dass viele Menschen eingebunden würden. Es gehe um eine gemeinsame Vergewisserung und einen gemeinsam getragenen Projektplan.
Prozess mit acht Teilprojekten
Die Aufarbeitung erfolgt im Bistum Limburg in insgesamt acht Teilprojekten (siehe Download): Neben einer bereits in Auftrag gegebenen unabhängigen Untersuchung aller Personalakten durch externe Fachleute (Teilprojekt 1) will das Bistum die Aus- und Weiterbildung von Seelsorgern in der Diözese überarbeiten (TP2), deren Begleitung mit Personalführungskonzepten verbessern (TP 3), sowie die Informationsabläufe innerhalb des Bistums und die Öffentlichkeitsarbeit des Bistums überprüfen (TP4). Darüber hinaus wird sich das Bistum mit den systemischen Faktoren, die Missbrauch in der katholischen Kirche begünstigen, beschäftigen: Klerikale Machtstrukturen müssten aufgebrochen (TP 5), die Rolle der Frau in der Kirche gestärkt (TP6) und die Auseinandersetzung mit der katholischen Sexualmoral forciert werden (TP7). In diesem Kontext soll auch eine Neubewertung von Homosexualität erfolgen. Zudem werden kirchenrechtliche Konsequenzen und eine Gewaltenteilung diskutiert (TP8). Nach der personellen Besetzung haben die Teilprojektgruppen bis Juni 2020 Zeit, konkrete Maßnahmen und Schritte zu entwickeln. Anschließend erfolgt die Umsetzung.
„Es handelt sich nicht um ein Projekt, dass im kleinen Kreis von Spezialisten erarbeitet worden ist“, unterstrich Johannes Weuthen. Er ist verantwortlich für die Projektsteuerung. Mehrere hundert Personen seien an der Projektentwicklung beteiligt gewesen, darunter auch externe Fachleute. Weuthen machte deutlich, dass die Teilprojekte nicht den Charakter von Gesprächsprozessen hätten. „Mit den Arbeitsaufträgen sind klare Erwartungen an die Erarbeitung von Zielen formuliert.“ Personen aus der Bistumsleitung dürften zudem keine Teilprojekte leiten.
Große Entschlossenheit spürbar
Ingeborg Schillai, Präsidentin der Diözesanversammlung des Bistums Limburg, betonte, dass es noch weit mehr Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche gebe. „Die Dunkelziffer ist hoch und wir wissen, dass die Studie nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit beschreibt“, sagte Schillai. Katholiken im Bistum Limburg seien „schockiert, wütend und fassungslos.“ Die synodalen Gremien im Bistum Limburg hätten sich intensiv in vielen Sitzungen mit der MHG-Studie und der Frage der Aufarbeitung beschäftigt. „Wir sehen uns um der Opfer willen in der Verantwortung, eine umfassende Aufarbeitung anzumahnen – damit den Opfern Gerechtigkeit widerfahren kann und damit wir Missbrauch bestmöglich verhindern können.“ Sie spüre eine große Entschlossenheit im Bistum Limburg. Die Frage, ob der vom Bistum Limburg angestoßene Prozess der Kirchenentwicklung Erfolg haben werde, hänge für sie entscheidend davon ab, wie die Aufklärung von sexuellem Missbrauch im Bistum Limburg erfolgt und welche Antworten auf die systemischen Gründe von Missbrauch gefunden würden.
Auftraggeber des umfangreichen Projektes „Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen und Schutzbefohlenen – Umsetzung der Empfehlungen der MHG-Studie im Bistum Limburg“ sind Ingeborg Schillai und Bischof Georg Bätzing. Es wurde in intensiven synodalen und kurialen Beratungen entwickelt. (clm/sts)