Kein Weg ohne Umkehr
Es gibt keinen Weg des Evangeliums ohne Umkehr und Einsicht in eigene Irrtümer, Fehler und Krisen. Darauf hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zu Beginn der ersten Synodalversammlung des Synodalen Weges im Frankfurter Kaiserdom St. Bartholomäus hingewiesen. Marx sagte am Donnerstagabend, 30. Januar, vor den 230 Synodalen und gut 400 Gläubigen, ohne Vertrauen in die Treue und das Erbarmen Gottes finde die katholische Kirche keinen Weg aus der tiefen Krise und Erschütterung, die aus der Missbrauchskrise erwachsen sei.
Niemand hätte gedacht, hob Marx hervor, dass es solche Abgründe in der Kirche geben könne: „Dieser Skandal muss uns in Gang bringen, aus den Erkenntnissen der Vergangenheit, auch durch die wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas, zu lernen, nach vorne zu schauen. Wir müssen zur Erkenntnis der Sünde und der Fehler der Vergangenheit stehen. Ohne ein Hinschauen werden wir den geistlichen Weg der Zukunft nicht gehen können.“ Dazu gehöre auch eine kritische Betrachtung der Macht, die „Dienst sein soll. Es wäre ein starkes öffentliches Signal, ein Perspektivwechsel, wenn wir darstellen könnten, was Macht und Dienst bedeuten, nämlich nicht über andere zu herrschen, sondern das Miteinander in der Kirche zu zeigen.“
Enttäuschung über fehlende Reformen seit den 70-er Jahren
Nach der Eucharistiefeier rief der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, die Synodalen dazu auf, eine Gesprächskultur in geschwisterlichem Geist zu verwirklichen. „Dazu braucht man Spielregeln im Dialog, der, wie Papst Franziskus betont, ‚freimütig‘ geführt werden soll. Wir wollen diskutieren, uns austauschen, debattieren. Dabei sollten wir einander nicht die Frömmigkeit absprechen“, so Sternberg. Er forderte Respekt für die je andere Meinung und die Überwindung von Vorurteilen.
Gleichzeitig verwies Sternberg auf den Ärger und die Enttäuschung darüber, dass seit dem Ende der Siebzigerjahre maßgebliche Reformen liegen geblieben seien. Als Beispiel verwies er auf das Thema der Partizipation von Frauen: „Die inzwischen selbstverständliche Teilhabe der Frauen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik muss in der Kirche zu wirklichen Reformen führen, deren Erörterung nicht ignoriert und schon gar nicht verboten werden kann.“
Bewährungsprobe für den Reformwillen
Vor dem Dom hatten sich zuvor etwa 300 Vertreterinnen von Reformgruppen versammelt, die die Synodalen mit Gebeten und Liedern empfingen. Auf Plakaten forderten sie gleiche Rechte für Frauen in der Kirche und erinnerten an Jesu Beispiel, der Frauen ebenso wertgeschätzt habe wie Männer. In fast fröhlicher Stimmung gingen viele der Bischöfe auf die Frauen zu, unterhielten sich mit den verschiedenen Gruppen und nahmen ihre Argumente für die Beratungen in den kommenden zwei Tagen entgegen.
Deutlich Position bezogen hatten am Nachmittag bereits Reformgruppen wie „Wir sind Kirche“, „Maria 2.0“ und „Homosexuelle und Kirche“ (HuK). In einem Pressegespräch machten sie deutlich, dass sie die Synodalversammlung als große Bewährungsprobe für die Dialogfähigkeit und den Reformwillen der deutschen Bischöfe ansehen. Der Synodale Weg sei kein deutscher Sonderweg, hieß es: geistliche und sexualisierte Gewalt, die Missachtung von Frauen, der Priestermangel und die Probleme des Zölibats sowie die unzeitgemäße Sexualmoral seien Probleme der weltweiten katholischen Kirche. Um hier zu Lösungen zu kommen, müsse aber auch die Machtfrage gestellt werden. Der Synodale Weg werde steinig und sei ein Wagnis für die Kirche. Aber wenn er gelinge, könne er Vorbild für die Weltkirche sein.